„Testamentspflicht“ für Lebensgefährten mit Spanienvermögen

Viele der nachfolgenden Gestaltungsüberlegungen haben auch für nichteheliche Lebensgefährten ohne Vermögen in Spanien in ähnlicher Weise Gültigkeit.
Gleichwohl besteht bei Vermögen, namentlich einem Haus oder einer Eigentumswohnung, in Spanien ein nochmals erhöhter Handlungsbedarf der aktiven Rechtsnachfolgeregelung.
Begründet ist dies vornehmlich in der durch das spanische Steuerrecht modifizierten Steuersituation.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Thematik haben wir Ihnen im Folgenden aufgelistet:

Frage 1:
Was rechtfertigt den Terminus „Testamentspflicht“ bei nicht verheirateten Lebensgefährten mit Vermögen in Spanien?

Antwort:
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Eine rechtliche Verpflichtung zur Testamentserstellung gibt es natürlich auch für nichteheliche Lebensgefährten nicht, wohl aber eine von wirtschaftlicher Rationalität und praktischer wechselseitiger Absicherung getragene.

Der Grund liegt nicht zuletzt in der hohen spanischen Erbschaftsteuer. Bei progressivem Steuertarif steigt der Erbschaftsteuersatz bei fehlendem Verwandtschaftsverhältnis schnell auf 50 % und mehr.

Frage 2:
Wer erbt das in Spanien gelegene Eigentum ohne erbrechtliche Regelung?

Antwort:
Zunächst sei hierzu festgehalten, dass nach dem internationalen Privatrecht grundsätzlich das nationale Erbrecht entsprechend der Staatsangehörigkeit des Vererbers zur Anwendung kommt. Haben die Lebensgefährten beispielsweise die schweizer und die deutsche Nationalität, so kommen das schweizer respektive das deutsche Erbrecht zur Anwendung.

Die gesetzliche Erbfolge nach beiden Rechtsordnungen lässt zuvorderst Ehegatten und Kinder zu erbrechtlichen Rechtsnachfolgern werden, ersatzweise kommen entferntere Verwandte zum Zuge.

Der Lebensgefährte bleibt vom Gesetzgeber unberücksichtigt, selbst dann, wenn bereits eine über dreißig Jahre konstante Lebensgemeinschaft bestanden hat.

Frage 3:
Hat man sich durch eine erbrechtliche Einsetzung des nichtehelichen Lebensgefährten auf Dauer gebunden?

Antwort:
Lebensgemeinschaften können, müssen aber, – ebenso wenig wie Ehen -, nicht lebenslang bestehen. Ein normales Testament ist jederzeit widerrufbar. Sie gehen damit also keine dauerhafte Bindung ein. Anders ist dies bei einem notariellen Erbvertrag. Dieser und dessen Bindung können allerdings von dem Lebenspartner auch geradezu gewünscht sein, insbesondere dann, wenn gemeinschaftlich eine größere Investition getätigt wurde.

Frage 4:
Kann auch betreffend das Spanienvermögen ein Erbvertrag abgeschlossen werden, obgleich die spanische Rechtsordnung die Rechtsfigur des Erbvertrages nicht kennt?

Antwort:
Ja, das ist möglich, allerdings sollte der Erbvertrag dann vor einem deutschen Notar geschlossen werden.

Frage 5:
Welche Testamentsform ist generell bei Immobilienvermögen in Spanien zu bevorzugen?

Antwort:
Hier ist zu differenzieren. Das internationale Haager Testamentsabkommen eröffnet die Wahl aller Testamentsformen des nationalen Rechtes des Vererbers und des Lageortes des Vermögens.

Der in beiden Rechtsordnungen fachkundige Rechtsanwalt wird daher den jeweiligen Sachverhalt genau erkunden. Bei gemeinsamem Lebensmittelpunkt in  Spanien wird die Wahl häufig auf ein notarielles spanisches Testament fallen.

Immer noch bleibt das privatschriftliche Testament möglich, wobei dann gilt, Formfehler zu vermeiden.

Frage 6:
Welche inhaltliche Gestaltung des Testamentes ist für Lebensgefährten empfehlenswert?

Antwort:
Für nichteheliche Lebensgefährten gibt es regelmäßig zwei Zielrichtungen.
Die Vermeidung oder Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen und die Minimierung der Erbschaftssteuer, speziell der spanischen.

Hier eröffnen sich eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten, die Realisierung oder Vorbereitung lebzeitiger Übertragungen eingeschlossen.

Von Vorteil ist es generell, wenn auch mögliche einvernehmliche Rechtsnachfolger beider Lebenspartner aus einer Nachfolgegeneration zur Verfügung stehen mit Blutsverwandtschaft und der Bereitschaft, auf Lebenszeit des länger lebenden Lebensgefährten praktisch nur die Funktion des formellen Eigentümers zu begleiten.

Frage 7:
Ist auch die vollkommene Vermeidung von Pflichtteilsansprüchen gestaltbar?

Antwort:
Dies ist nicht ausgeschlossen aber schwierig zu bewerkstelligen. Die rechtliche Möglichkeit besteht im entsprechenden notariellen Pflichtteilsverzicht oder erbvertraglichem Pflichtteilsausschluss.

Die praktische Variante setzt die Vermögenslosigkeit des jeweiligen Lebensgefährten voraus.

Frage 8:
Gibt es Besonderheiten für registrierte gleichgeschlechtliche Lebensgefährten?

Antwort:
Ja, dies ist der Fall. Allerdings vor allem betreffend die Pflichtteilsrechtssituation, weniger betreffend die steuerliche.

Weder Spanien noch Deutschland wollen bisher gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern eheähnliche Steuerwohltaten im Bereich des Erbrechtes zugestehen.

Frage 9:
Welche Möglichkeiten stehen zur Verfügung zur Reduzierung der Erbschaftsteuerbelastung, welche in Spanien theoretisch einen Spitzensteuersatz von 81,6 % erreichen kann?

Vorab sei angemerkt, dass dieser Spitzensteuersatz in der Praxis kaum vorkommt, da er ein Vorvermögen des Erben in Spanien von mehr als 4.020.770,98 € voraussetzt. Realistisch allerdings sind Steuersätze von bis zu 40 oder 50 %.

Antwort:
Nun, das Spektrum der Gestaltungsmöglichkeiten ist einerseits weitreichend, andererseits für Nichtverwandte tendenziell weniger leicht zu realisieren als bei Verwandtschafts- oder Ehegattenstellung, weshalb nicht zuletzt das Heiraten als solches ein wesentliches Steuergestaltungsinstrument darstellt, ebenso wie übrigens eine Adoption.

Mitunter zu erwägen ist auch das Halten einer Immobilie in Spanien durch eine spanische Gesellschaft, wie etwa eine Sociedad Limitada, kurz: S.L., vergleichbar mit einer deutschen GmbH.

Nur in seltenen Fällen wird eine Stiftung, ein Wohnsitzwechsel oder gar der Wechsel der Staatsangehörigkeit näher in Betracht kommen.

Frage 10:
Welche weiteren Aspekte spielen in der anwaltlichen Beratungspraxis bei Lebensgefährten mit Besitz in Spanien noch eine besondere Rolle?

Antwort:
Wichtig ist die richtige Vollmachtserteilung, Absicherung über Wohn- oder Nießbrauchsrechte sowie Wissen über Bewertungsgrundsätze von Immobilienvermögen.

Als Rechtsanwalt gilt es für die Rechtsberatung einerseits in beiden betroffenen nationalen Rechtsordnungen „zu Hause“ zu sein und andererseits im Beratungsgespräch die konkrete Lebens- und Familiensituation ebenso nachzuvollziehen wie die Zielrichtung der weiteren Lebensgestaltung der Lebensgefährten. Nur dann ist letztlich eine fachkundige kompetente Beratung möglich.

Anwaltskanzlei Menth
e-mail: info@erbrechtskanzlei-spanien.de

google center mitte