Schulfach Bürgerkunde

Welch guter Gedanke.  Valencia führt als Schulfach „Bürgerkunde“ ein.  Nun, wenn man die Details vor Augen hat, glaubt man eher an einen Schildbrügerstreich, einen Joke, oder an eine nicht ernstgemeinte Absicht.  Dieses an sich sehr wichtige und durchaus sinnvolle Fach, soll an allen Schulen in englischer Sprache unterrichtet werden.

Das kleine Problem, dass sich aus diesem Umstand ergibt, ist, dass es kaum Lehrer und Lehrpersonal gibt, dass der englischen Sprache so mächtig ist, dass es diesen umfangreichen Lehrstoff den Schülern vermitteln könnte. Damit nicht genug, den 13-jährigen, die mit der Bürgerkunde ihr Wissen erweitern und ihr soziales Engagement vergrössern können sollten, sind schon garnicht in der Lage , dem Unterricht in englischer Sprache zu folgen. 

Zu Ihrem Verständnis füge ich hier eine Pressemeldung ein, die mit dem aussagefähigen Titel  „Valencias Lösung“  veröffentlicht wurde:

„Europäische Idee, valencianische Praxis“ 

“ Das neue Fach Bürgerkunde, basiert auf Vereinbarungen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union. In Spanien wurde es im Jahr 2006 im Rahmen des neuen Bildungsgesetzes (LOE) eingeführt. Seitdem hagelte es von konservativer und katholischer Seite Proteste. So auch im PP regierten VAlencia – einem der Länder, die die Einführung des Fachs so weit wie möglich hinauszögerten.

Im März 2008 gab die Landesregierung bekannt: Das Fach werde in Valencia in englischer Sprache unterrichtet, außerdem solle es für alle Schüler, die aus Gewissensgründen nicht am Unterricht teilnehmen wollen, eine Option „B“ geben: eine Projektarbeit über einen Themenbereich des Schulfachs, den die betroffenen Schüler mit ihren Eltern auswählen können.

Die spanische Regierung (PSOE) bezeichnete dies als „illegalen Vorschlag“, da die Bürgerkunde gesetzlich eingeführt worden sei. Das spanische Bildungsministerium legte vor dem Obersten Gerichtshof Valencias Einspruch ein, das vorüberehende Urteil kam einen Monat später: Demnach darf das neue Schulfach zwar auf Englisch unterrichtet werden, allerdings dürfen die Englischkenntnisse der Schüler nicht in die Note einfliessen. Eine Option „B“ werde es nicht geben. In der Praxis schließlich zeigt sich englischsprachige Bürgerkunde für viele Lehrer nicht durchführbar. Diese Meinung wurde bei einem Treffen der Direktoren in Alicante klar. “

Ist das alles ein Versuch, das Fach Bürgerkunde zu boykottieren?  Es sieht ganz danach aus.  Es klingt im ersten Moment gut, wenn man hört, dass Valencia das erste Land ist, dass ein Pflichtfach in Englisch unterrichtet. Wenn, ja wenn die Grundlagen dazu gegeben wären, wäre es sicher ein Vorreiter in einer guten Sache. Aber die Umstände sprechen nun absolut gegen diese Unterrichtsform.

Was soll nun eigentlich gelehrt werden?
Werfen wir also einen Blick in ein Bürgerkunde Schulbuch:

Hier ein Auszug aus der Inhaltsangabe:

* Bereit für die Freiheit
* Die Menschen, die wir lieben
* Wir sind alle gleichberechtigt und verschieden
* Zum Zusammenleben beitragen
*In Frieden zusammenleben
* Freiheit in der Gesellschaft
* Solidarität
* Demokratie
* Der Staat und seine Funktionen
* Schwierigkeiten der Demokratie
* Globalisierte Gesellschaft

Ein Fach, in dem diskutiert und nachgefragt werden muss, in einer rudimentär beherrschten Fremdsprache zu vermitteln, ist wohl arg verwunderlich.

Proteste stehen ins Haus.  Lehrer die sich weigern , auch aufgrund der nicht vorhandenen Sachkenntnis und der nicht ausreichend vorhandenen sprachlichen Fähigkeiten, haben mit Repressalien zu rechnen.  Es wird mit Disziplinarverfahren gedroht.  Auch Eltern fordern den Unterricht auf Castellano oder doch mindestens in Valenciano.

Wie funktioniert die Demokratie, welche Rechte habe ich, wie kann ich diese verteidigen?  Der arg an ein Politikum grenzende Streit wird wieder mal auf den Rücken der Schüler ausgetragen. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie sich dieser Fall weiter entwickeln wird.

Oktober 2008

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