EU-Richtlinien zum Electronic-Commerce

Commerce und Cyberlaw
Im Internethandel herrscht neben Angeboten aus der Welt größte Rechtsunsicherheit

Das Internet ist in aller Munde. Begriffe wie Online-Banking, E-Commerce oder E-Mail sind heute selbstverständlich. Doch Arbeit und Handel in der virtuellen Welt werfen auch vielerlei Rechtsfragen auf.

Der Begriff Internet-Recht, auch Netlaw oder Cyberlaw genannt, kann leicht einen irreführenden Eindruck hervorrufen. Denn der Begriff suggeriert, dass das Internet-Recht eine eigene Rechtsmaterie darstellt, die den Zusammenhang Recht und Internet abschließend realisieren. Diese Vorstellung ist jedoch zu allgemein, mag sie auch für Teilprobleme zutreffen. Wer die über das Internet abgewickelten Verträge näher betrachtet, stellt folgendes fest: Im Internet sind grundsätzlich die gleichen Regelungen relevant wie im herkömmlichen Geschäftsverkehr.

Auch im E-Commerce, dem Internet-Handel, spielen Fragen des Zustandekommens von Verträgen, ihrer Erfüllung, Sachmängelhaftung etc. eine Rolle. Darüber hinaus sind Fragen des Markenrechts, Wettbewerbsrecht, Steuerrechtes und auch des Strafrechtes zu beachten. Insofern stehen wir im Internet vor der ganzen Breite rechtlicher Probleme, die auch im normalen Geschäftsverkehr von Bedeutung sind. Das Internet konfrontiert uns jedoch auch mit völlig neuen Fragen, die durch die herkömmliche Rechtsordnung oft nicht angemessen behandelt werden können.

Welthandel mit Klammeraffen
Das rasante Tempo der technischen Entwicklung verkompliziert die Rechtssituation zusätzlich. Wie so oft hinkt auch im Internet die rechtliche Regelung der gesellschaftlichen und technischen Entwicklung hinterher. Man muss sich in diesem Zusammenhang vor Augen führen, dass das BGB und die ZPO (Zivilprozessordnung) vor über hundert Jahren entworfen wurden. Diese, für den zivilrechtlichen Bereich fundamentalen Gesetze treffen heute auf technologische Entwicklungen, di am Ende des neunzehnten Jahrhunderts nicht ansatzweise vorstellbar waren. Das gilt sowohl für Deutschland als auch für die Rechtsordnungen anderer Länder und betrifft auch den Codigo Civil in Spanien.

Per Mausklick ins Problem
Insbesondere ergeben sich aus der Internetnationalität des Mediums Internet rechtliche Probleme. Dies gilt vor allem für den in Fragen des Internationalen Privatrechtes nicht versierten Verbraucher. Heute haben alle Firmen, und seien sie noch so klein, die Möglichkeit, ihre Waren und Dienstleistungen über das Internet in der ganzen Welt zu präsentieren. Verbraucher wie auch kleinere Gewerbetreibende können über das Internet am Weltmarkt teilhaben. Werden über das Internet vertragliche Beziehungen eingegangen, so liegt häufig die sogenannte "Auslandsberührung" vor. Diese Berührung kann sich aus der Staatsangehörigkeit der Vertragsschließenden ergeben, aus ihrem Wohnort oder aus weiteren Markmalen, wie z.B. dem Sitz einer Firma.

Mit Recht auf Tuchfühlung
In Fällen mit Auslandsberührung stehen in der juristischen Praxis immer wieder zwei Fragen im Vordergrund: Erstens: Das Recht welches Staates ist innerhalb vertraglicher Beziehungen anwendbar? Zweitens: Wo muss das Recht – im Falle einer Klage – durchgesetzt werden? Hierzu ein Beispiel: Was passiert, wenn ein Deutscher in Deutschland über die Web-Site einer amerikanische Firma Waren bestellt, die sich nach Bezahlung als mangelhaft herausstellen?

So einfach dieser Sachverhalt auf den ersten Blick aussieht, wirft er doch in der Praxis eine Vielzahl juristischer Fragen auf. Aus der Sicht des Anwaltes stellt sich in erster Linie die Frage der praktischen Durchsetzbarkeit der Ansprüche. Hat die Firma ihren Sitz in den USA, so ist sie im Regelfall auch dort zu verklagen. Das zuständige amerikanische Gericht würde nach seinem Internationalen Privatrecht feststellen, welche nationalen Rechtsordnung auf den Sachverhalt Anwendung finden muss. Das Internationale Privatrecht ist dabei derjenige Teil einer Rechtsordnung, die für Fälle mit Auslandsberührung regelt, welches nationale Recht anzuwenden ist.

Die Tatsache, dass der Fall vor einem amerikanischen Gericht verhandelt wird, heißt noch nicht, dass amerikanisches Recht angewandt wird. Das mag für den Laien überraschend sein, stellt aber ein juristisches Faktum dar.

Handelt es sich in unserem Fall um einen Warenkauf, so kommt unter bestimmten Voraussetzungen die Anwendung des kaufrechtes der Vereinten Nationen in Frage, das sogenannte UN-Kaufrecht. Insofern kann ein Internet-Händler sich ohne weiteres in die Notwendigkeit versetzt sehen, wegen eines Mausklicks vor amerikanischen Gerichten auf der Basis von UN-Kaufrecht klagen zu müssen. Wer denkt schon an solche komplexen Sachverhalten, wenn man in Hamburg, München oder Palma vor dem Computer sitzt ?

Günter Menth, Rechtsanwalt
(Kanzlei Copp-Menth, Würzburg und Manacor/Mallorca) http://www.copp-menth.de/

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