Das spanische Küstenschutzgesetz

Das spanische Küstenschutzgesetz
– Ley de Costas –
in Frage und Antwort
von Rechtsanwalt & Abogado inscrito
Günter Menth, Manacor/Mallorca

F   Das spanische Küstenschutzgesetz, Ley de Costas, bereits in Kraft getreten im Jahre 1988, ist in den letzten Jahren immer wieder in die Schlagzeilen geraten, warum?

A   Nun, es handelt sich um ein Gesetz zur Enteignung oder zur Beschränkung des Privateigentums zum Schutz der spanischen Küsten sowie zur Sicherung des Zuganges der Allgemeinheit zum Küstenstreifen. Dies ist notwendigerweise verbunden mit erheblichen Eingriffen in bisherige Eigentumsrechte von Küstenanliegern, wobei auch zirka 45.000 ausländische Immobilieneigentümer betroffen sein sollen.

F   Sieht das spanische Küstenschutzgesetz auch ein Recht der Allgemeinheit zum betreten oder Bewandern des gesamten Küstenstreifens vor?

A   Ja, es ist ein diesbezügliches Wegerecht normiert, welches die Küstenanlieger verpflichtet, gegebenenfalls auf ihrem Grundstück, ein Durchgangsrecht zu gestatten. Dies binnen eines Streifens von 6 – 20 m Entfernung zur Meereslinie, gemessen seinerseits ab dem Ende des bei Wasserhöchststand überspülten Uferbereiches. Die vormalige Privatsphäre des Anliegers ist damit natürlich entsprechend aufgehoben.

F   Und wer legt dann genau den Verlauf dieses Durchgangsweges fest?

A   Dies erfolgt nach entsprechender Vermessung durch die Küstenschutzbehörde.

F   Ist dies in Spanien bereits allerorts erfolgt?

A   Noch nicht. es dürften wohl aktuell, – 20 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes -, noch 20 % der Küstenfläche unvermessen sein. Auf den Balearen, namentlich auf Menorca, sind noch grössere Küstenabschnitte nicht vermessen.
Der komplette Abschluss dieses Verfahrens dürfte also noch ein paar Jahre in Anspruch nehmen, obgleich man auf den Balearen mit dem Abschluss noch im Jahre 2009 rechnet.

F   Warum war dieser lange Zeitraum zur Umsetzung  des Küstengesetzes erforderlich?

A   Dies ist sicherlich eine Kombination aus dem erforderlichen hohen, auch personellen, Aufwand und dem zeitweise eingeschränkten Willen zur politischen Umsetzung.
Erst ab dem Regierungswechsel 2004 soll das Küstenschutzgesetz konsequenter umgesetzt worden sein.

F   Welche rechtlichen Einschränkungen müssen nun genau welche Eigentümer von Küstenimmobilien erdulden?

A   Dies ist im wesentlichen davon abhängig, in welcher der drei Schutzzonen die Immobilie gelegen ist.
Alle unmittelbaren Strandgrundstücke werden automatisch enteignet soweit diese "zona maritima terrestre" betroffen ist.

F   Und wie weit reicht diese Zone genau?

A   Nun, hier beginnt bereits eine grosse Rechtsunsicherheit, welche diesem Gesetz innewohnt.
Nach der gesetzlichen Definition entscheidend ist, wie weit der Wellengang bei höchster Flut reicht.
In der Rechtspraxis kann die Uferzone daher nur wenige Meter oder aber 500 m weit reichen. Aber hier findet das Thema Rechtsunsicherheit kein Ende.

F   Warum?

A   Bei künstlichen Landaufschüttungen sieht das Gesetz die vormalige Küstenlinie als massgeblichen Ausgangspunkt für die Berechnung an.

F   Erfolgt dann in diesem Küstenstreifen eine direkte Enteignung ohne Entschädigung?

A   Ja, praktisch ist dies der Fall. Wer diesen Vorgang juristisch genau betrachtet, wird zu diesem Ergebnis kommen. Die Situationen sind sogar für den betroffenen Eigentümer des direkten Küstengrundstückes unter einem Aspekt noch belastender als eine Enteignung.

F   Wie ist dies möglich?

A   Nun, die spanische Verfassung sieht im ihrem Artikel 33  bei Enteignungen eine Entschädigungspflicht vor. Diese kommt allerdings nicht zum Tragen bei einer "Eigentumsbegrenzung" aufgrund der Sozialpflicht des Eigentümers.
Und genau mit dieser Begründung fällt das Immobilieneigentum im direkten Küstenstreifen, also in dem von den Wellen bei Flut erreichbaren Bereich, entschädigungslos an den spanischen Staat.

F   Kann dagegen nicht mit Aussicht auf Erfolg vor dem spanischen Verfassungsgericht vorgegangen werden?

A   Nein, dies ist nicht der Fall. Denn bereits mit Urteil vom 04. Juli 1991 hat das spanische Verfassungsgericht die entsprechende Verfassungsmässkeit bestätigt und dies damit begründet, dass dieses Gesetz den Eigentümern ja eine weitere Nutzungszeit per Nutzungskonzession zubilligt.

F   Über welchen Zeitraum erstreckt sich dieses fortdauernde Nutzungsrecht ?

A   Dies sind oder waren zunächst 30 Jahre mit der Möglichkeit zur Verlängerung um weitere  30 Jahre. Allerdings begann die erste Nutzungsperiode bereits mit dem Inkrafttreten des Gesetzes in 1988 zu laufen und endet somit im Jahre 2018.

F   Können dann Eigentümer von Strandimmobilien und Erwerbsdatum vor 1988 nicht aber mit dem Argument des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbotes die praktische entschädigungslose Enteignung vermeiden?

A   Auch diese Argumentation hilft nicht weiter. Der Oberste spanische Gerichtshof versperrt diesen Weg per Urteil vom 21. Mai 2008 mit dem Argument das Rückwirkungsverbot könne durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls ausser Kraft gesetzt sein.

F   Wenn somit der Eigentümer einer direkten Strandimmobilie offenbar schlechte Karten hat gegenüber den staatlichen Enteignungsrechten, gibt es dann zumindest für Eigentümer von Immobilien, welche vom Meerwasser zu Flutzeiten nicht erreicht werden die Möglichkeiten, erfolgreich gegen hier geltende Baubeschränkungen vorzugehen. Welche rechtlichen Ansatzpunkte gibt es hier?

A   Nun, zunächst könnte gegen die im Vermessungsverfahren festgelegten Grenzlinien vorgegangen werden. Auch gibt es bei Immobilien, welche in der an den unmittelbaren Küstenstreifen angrenzenden Schutzzone – zona de servidumbre de protección – gelegen sind, mehr Argumentationsspielraum.
Diese Schutzzone umfasst ein Küstengeländeband von 20 m – 100 m, in Einzelfall bis zu 300 m.

F   Wer nach dem Jahre 1988 eine solche "Schutzzonen-Immobilie" erworben hat, kann dieser bei jetzt offenkundig werdenden Baubeschränkungen vom Verkäufer  Schadensersatz oder Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen.

A   Dies wird von den Umständen des Einzelfalles abhängen. Auch Verjährungsfristen sind hier zu beachten.
Ob und welche Bebauungsbeschränkungen bestehen ist auch davon abhängig, ob für das jeweilige Gebiet ein gemeindlicher Bebauungsplan existiert.

F   Gibt es bei der eher ungünstigen Gesamtrechtslage für die betroffenen Eigentümer nicht wenigstens noch irgendeinen Hoffnungsschimmer?

A   Ja, den gibt es insoweit, als eine Delegation betroffener Eigentümer im Januar 2009 vom Petitionsausschuss des europäischen Parlamentes zumindest angehört wurde.

F   Welches Vorgehen empfehlen Sie nun potenziell betroffenen Eigentümern von Küstenimmobilien.

A   Zunächst geht es vorrangig darum, die konkrete eigene Betroffenheit von Enteignung, Wegerecht oder Baubeschränkung festzustellen oder feststellen zu lassen.
Die Thematik muss rationalisiert werden. Erst dann, auf der Basis einer abgesicherten, konkreten, rechtlichen Ausgangssituation, kann  man weitere Schlüsse zum sinnvollen praktischen Vorgehen ziehen.

Eine Information der
Anwaltskanzlei Menth
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