Patientenverfügung in Spanien

Vertrauenspersonen können durch Vorausverfügungen im Krankenhaus mitbestimmen
Vielen Menschen ist es unbehaglich über das Thema Tod zu sprechen, trotz alledem denkt wohl jeder ab und an über den Tod nach.
Die Aussicht, an Schläuche angeschlossen, ewig auf den Tod zu warten oder bei unerträglichen Schmerzen ohne einen Funken Hoffnung auf Heilung dahinzusiechen, ist dabei das Horrorszenario.
Gedankengänge an einen solchen Zustand verbannt man lieber schnell wieder. Im Ernstfall aber wünscht man sich aber, doch schon im Voraus Maßnahmen getroffen zu haben, die ein würdiges Sterben ermöglichen.
Durch das Gesetz 41/ 2002 vom 14. November 2004 wurden solche Schritte für den Fall der Fälle möglich gemacht. Die Rede ist von Patientenverfügungen, die im Spanischen als "Testamento Vital" (Lebenstestament) bezeichnet werden. Durch sie kann eine ausgesuchte Vertrauensperson gegenüber Ärzten Entscheidungen über Leben und Ableben treffen — nämlich, ob die für den Patienten lebenserhaltenden medizinischen Maßnahmen abgebrochen werden sollen.
Das Land Valencia hat basierend auf der nationalen Gesetzesvorlage eine eigene Regelung erlassen. Im Gesetz 1/2003 vom 28. Januar heißt es, dass jeder geschäftsfähige Erwachsene im Voraus seinen Willen über die Nichtvornahme von Behandlungsmethoden manifestieren kann. "Dazu gehören", so Rechtsanwalt Niels Becker, "Iebensverlängernden Maßnahmen wie künstliche Ernährung oder der Anschluss an die Herz-Lungen-Maschine.
Andererseits können sogar Maßnahmen angeordnet werden, die eventuell lebensverkürzend wirken. Denkbar wäre hier die Verabreichung von starken, schmerzlindernden Mitteln, die für den allgemeinen Gesundheitszustand eher schädlich sind.
Die Patientenverfügung vermag aber nicht nur Maßnahmen für den Krankheitsfall zu treffen. Auch Anordnungen, die erst nach dem Ableben des Patienten gültig werden, sind hier definiert. So kann er schon zu Lebzeiten festlegen, ob seine Organe zur Spende freigegeben oder auf welche Weise seine sterblichen Überreste bestattet werden sollen.
Voraussetzung für die Vorausverfügung ist immer, dass der Verfügende zum fraglichen Zeitpunkt nicht in der Lage ist, seinen Willen zu äußern und dass es in seinem Zustand keine Aussicht auf Heilung gibt.

Keine Euthanasie
ußerdem dürfen die Entscheidungen der Vertrauensperson nicht gegen die bestehende Gesetzeslage verstoßen. Daher muss die Patientenverfügung auch klar von der gesetzwidrigen Euthanasie abgegrenzt werden: Letztere wird hierzulande definiert als "letzter Ausweg in die Selbsttötung eines Patienten, der sich ausdrücklich, ernsthaft und unumgänglich wegen seiner schweren, unheilbaren Krankheit entscheidet zu sterben."
Bei der Patientenverfügung dagegen "entscheidet sich der Patient nicht zu sterben, sondern nicht behandelt zu werden. Er entscheidet sich, auf natürlichem Wege zu sterben." Es handelt sich hier um einen haarfeinen Unterschied zwischen einem verbotenen und einem erlaubten Akt. Daher war der Gesetzentwurf heiß diskutiert.
Für die Gegner des Gesetzes sind die unterschiedlichen Definitionen Augenwischerei. Gerade wenn es um die Verabreichung vielleicht sogar lebensverkürzender Medikamente gehe, sei die Grenze zur strafbaren Euthanasie überschritten meint der Internist Salvador Garcia.
Er bevorzugt die bisherige Praxis, dass die Entscheidung über medizinische Maßnahmen in den Händen der Ärzte liegt: "Ein Mediziner weiß besser zu entscheiden, wann ein Abschalten der Geräte sinnvoll ist. Er blickt auf eine lange Berufserfahrung zurück und hat im Laufe dessen schon viele Vergleichssituationen erlebt."
Aus diesem Grund fürchten die Gegner der Patientenverfügung auch eine Überforderung der Vertrauensperson. Sie sei nicht nur als Laie unfähig, eine Entscheidung dieser Tragweite zu treffen, sondern auch primär mit ihrer Trauer beschäftigt und emotional nicht in der Lage, mit klarem Kopf zu handeln.
Die Psychologin Victoria Benavente kann sich den enormen Druck vorstellen, der auf der Vertauensperson lastet: "Die auferlegte Verantwortung ist keine geringere, als die über Leben und Tod eines geliebten Menschen."
Die Psychologin rät, sich von vorneherein über die Schwere der Last bewusst zu sein und mit dem Verfügenden darüber ausführlich zu sprechen. Der Verfügende sollte bei diesem Gespräch ganz deutlich machen, dass er im Ernstfall einen würdigen Tod vorzieht und ihm die Aussicht eines langen Leidens unerträglich ist. Auf diese Weise werden Gewissenskonflikte, die später auftreten können verringert.
Wer ein Testamento Vital erstellen möchte, sollte sich deshalb bewusst darüber sein, dass er der auserwählten Vertrauensperson eine schwere Entscheidung aufbürdet. Wird andererseits keine Patientenverfügung erstellt, liegt das letzte Wort bei den Medizinern, die dazu verpflichtet sind, Leben zu retten oder mindestens zu verlängern. Ihre Entscheidung kann vom Wunsch des Betroffenen abweichen.

Anwaltliche Beratung
Über die rechtlichen Seiten der Patientenverfügung bieten Rechtsanwälte Beratungsgespräche an. Für diese liegt der Richtpreis zusammen mit der Ausstellung des Dokumentes zwischen 40 und 50 Euro, erzählt Rechtsanwalt Becker. Teilweise wird das Dokument von Anwälten auch, ohne Aufpreis im Zusammenhang mit der Erstellung eines Testaments ausgearbeitet.
Die Notarkosten für die Beurkundung der Patientenverfügung belaufen sich auf etwa 20 bis 30 Euro. Die valencianische Gesetzesvorlage sieht allerdings auch eine zweite Möglichkeit am Notar vorbei vor: Wird die Verfügung von drei Zeugen unterschrieben, mit denen der Aussteller nicht bis zum zweiten Grade verwandt ist, erhält sie ebenfalls volle rechtliche Wirksamkeit. Sie wird in diesem Fall der Krankenakte des Verfügenden beigefügt.
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Bildquelle: pixelio.de

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