Hausbesetzer vs. Immobilienspekulant

Anarchisten, Hippies, Punks mit Null-Bock-auf-Alltag leben in graffiti-besprühten Häusern und hängen ihre Ideologien auf Transparenten für jedermann lesbar zum Fenster raus. Soweit das Klischee zum Thema Hausbesetzer.
Okupas nennen sie sich in Spanien und das k im Namen ist Programm: Es bedeutet Widerstand – gegen orthografische Regeln, vor allem aber gegen Normen und Gesetze.
Die Bewegung ist seit den 60ern aktiv, ihre Hochburgen sind Madrid, Barcelona und Valencia. Sie besetzen leer stehende Häuser aus ideologischen Gründen, wie z.B. um gegen den Irak-Krieg und die Entsendung spanischer Soldaten zu protestieren. Doch es gibt auch andere, denen einfach das Dach über dem Kopf fehlt – und Dächer gibt es genug.
Eine Studie des  Nationalen Statistikinstituts besagt, dass alleine in Valencia ungefähr 200.000 Wohnungen leer stehen. Spanienweit sind es sogar drei Millionen Wohnungen, damit werden nur unglaubliche 11% aller Immobilien vermietet. Ein Grund: Immobilienspekulation.
Gebaut wird nicht in erster Linie für das Volk, sondern für potente Käufer. Die Quadratmeterpreise steigen ins Uferlose (der Kaufpreis in Barcelona beträgt knapp 4.900 Euro) und dem jungen Spanier bleibt letztlich nur die Wahl zwischen Sozialwohnung, Mama und Papa oder eben stiller Besetzung.

So ist es nicht verwunderlich, dass die ideologischen Okupas in Immobilienspekulanten und -haien ein neues Ziel für ihre Proteste gefunden haben. Die Stadtväter und –mütter sind nun im Konflikt.
Einerseits muss man den Spekulanten langsam mal einen Riegel vor die leer stehenden Wohnungen schieben, denn die Verfassung sichert jedem das Recht auf eine angemessene Unterkunft zu.
Andererseits müssen auch in Sachen Hausbesetzer geltende Richtlinien beachtet werden. Im Artikel 245.2 des Strafgesetzbuchs ist zu lesen, dass Besetzern von Wohnungen, Immobilien und Gebäuden, die keine Ermächtigung vorweisen können, eine Freiheitsstrafe von drei bis sechs Monaten droht.
Im Januar diesen Jahres räumte die Polizei in Valencia das Centro Social Okupado, eines der ältesten Sozialzentren der Stadt und auch die Fabrikhallen Can Ricart in Barcelona sowie die Cuevas des Sacromonte in Granada wurden geräumt. In der Planungsphase befindet sich dagegen das Vorhaben des katalanischen Parlaments, Eigentümer zu enteignen, deren Wohnungen länger als zwei Jahre leer stehen.
Andalusien denkt an steuerliche Förderung für vermieteten Wohnraum, wohingegen die Stadt Sevilla eine Anhebung der Steuer für unbewohnte Immobilien auf 50 Prozent verfügte. Was genau „leer stehender Wohnraum“ heißt und wie dieser ermittelt wird, das konnte bislang noch nicht geregelt werden. Es scheint, als habe sich die Politik für den Weg des geringeren Widerstands entschieden.

Marion Schmitt

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