Das Ende der Galgos am Galgen

Früher waren sie ein Zeichen von Reichtum – ein Privileg des Adels. Heute werden schätzungsweise 50.000 von ihnen jedes Jahr in Spanien aufgehängt, lebendig verbrannt, totgeschlagen oder anders zu Tode gequält.
Dabei sind die windhundähnlichen Galgos sehr gut als Haustiere zu halten. Sie verhalten sich in der Wohnung ruhig, bellen kaum und reagieren selten aggressiv auf andere Artgenossen. Und trotzdem haben viele von ihnen ein schreckliches Los gezogen.

Sigrid Bessmann und Sonja Limmer aus Calpe, die sich in der Tierschutzorganisation Animal Help España engagieren, wollten sich vor Ort ein Bild von den grausamen Zuständen der Galgos machen. Ihr Ziel war eine Perrera in Andalusien – eine der zahlreichen Tötungsstationen für Hunde der Region. Tierarzt und Mitarbeiter der Perrera Villamartín, Juan Jesús, brachte die beiden Frauen auf die Idee, eine solche Fahrt in Angriff zu nehmen. Er schickte den Tierschützern von der Costa Blanca Fotos der getöteten Hunde mit der Bitte, diese zu veröffentlichen, um auf die Problematik aufmerksam zu machen.
Obwohl Sigrid Bessmann und Sona Limmer auf alles gefasst waren, schockte sie der Anblick der andalusischen Perrera dennoch. „Als ich die Galgos sah, trieb es mir die Tränen in die Augen, wie sie so dünn und frierend dastanden, ohne einen Muckser, stumm ergeben in ihr Schicksal“, berichtete Sigrid Bessmann.
Die beiden Frauen retteten 16 Hunde und brachten sie im Auto an die Costa Blanca. Bei dieser Zahl wollten sie es jedoch nicht belassen: Bei einer zweiten Fahrt konnten sie weitere 27 Tiere vor dem sicheren Tod bewahren.

Dabei hätte die Hunde in dieser Perrera noch ein sanfter Tod erwartet. Die meisten Galgos in den südlichen Regionen wie Andalusien, Extremadura oder La Mancha werden dahingegen regelrecht zu Tode gequält. Und das, obwohl die Tiere früher als sehr wertvoll galten.
Die Araber hatten die Hunde einst nach Spanien gebracht. Verschenkte ein Scheich solchen einen Hund, so bedeutete dies eine große Ehre. Als sich die Galgos mit anderen Rassen vermischten, als sie heimlich gezüchtet wurden, verlor der Windhund seinen Status als Tier der Adeligen. Er diente danach dem einfachen Volk als Jagdhund, als Nahrungsbeschaffer. Und wenn er seinen Dienst erfüllt hatte, erwartete ihn der Tod durch Erhängen. Für den armen Mann war dies eine billige Tötungsmethode und für den Großgrundbesitzer eine Möglichkeit, seinen Status zur Geltung zu bringen. Je mehr Windhunde nach der Jagdsaison in den Pinien hingen, desto reicher der Gutsherr. Die Hunde wurden so niedrig an einen Baum gehängt, dass sie sie wild mit den Beinen strampelten und versuchten, den Erdboden zu berühren. Dieser Todeskampf konnte ewig dauern. Hatte sich der Hund als schlechter Jagdhund erwiesen, wurde er an einen längeren Strick gebunden und erlitt ein qualvolleres Sterben als das Tier, das sich in der Jagdsaison besser auszeichnete und mit einem kürzeren Strick „belohnt“ wurde. Bis heute wurde diese Bestrafungsmethode beibehalten: Weil der Galgo die Kugel nicht wert ist, wird er von seinem Besitzer zu Tode gequält. Häufig werden die Tiere auch für Hundekämpfe gebraucht. Mehrmals werden sie in die Arena geschickt, wo sie am Ende entscheiden, ob sie für den nächsten Auftritt am Leben bleiben oder lieber schon jetzt das Zeitliche segnen.

„Wir schaffen es, zehn Hunden im Monat ein neues, besseres Leben zu vermitteln, aber was ist das im Vergleich dazu, dass in Perrera 42 Hunde an einem Tag sterben?“, meint Sigrid Bessmann. Doch die beiden Frauen resignieren nicht. Sie und der Tierarzt Juan Jesús, wollen weiterhelfen. Jede weitere Hand ist ihnen dabei jederzeit sehr willkommen. In der Perrera Villamartín gibt es beispielsweise nicht genügend Futtertröge, es fehlen Schlafgelegenheiten und warme Decken.
Wer etwas tun möchte – spenden oder anders helfen – wende sich an Rita Terrana, Email: ritaterrana@telefonica.net. Weitere Infos: www.animal-help-espania.de.

Charlotte Wolter, 27. April 2006