Ehemalige Sonderregelung der Steuertransparenz – heute die besondere Form der Besteuerung für die sogenannten Vermögensgesellschaften

Vorab gilt es festzuhalten, dass die hier zu behandelnde Steuertransparenz nicht verwechselt werden darf mit der spanischen Form der Durchgriffsbesteuerung. Letztere betrifft im System des LIS alle Personenzusammenschlüsse ohne Rechtspersönlichkeit und die spanische BGB-Gesellschaft. Ihre Besonderheit ist die unmittelbare Zurechnung der Einkünfte auf die Gesellschafter ähnlich dem Paragraphen 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG im deutschen Recht. Eine vergleichbare Sondererscheinung stellt die sog. Steuertransparenz („transparencia fiscal“) dar, die jedoch potentiell auf alle juristischen Personen anwendbar ist. Sie war im LIS im VIII. Titel unter den Sonderregelungen der Körperschaftsteuer behandelt. Das Kapitel VI diese Titels enthielt noch bis zum 1. Januar 2003 in den Art. 75 bis 77 die Bestimmungen zur Steuertransparenz. Dieses Regime ist nun außer Kraft seit dem genannten Datum und es gelten neue Regeln über "Vermögensgesellschaften".

a) "Steuerlichen Transparenz" und "Vermögensgesellschaften"

Das Gesetz 46/02 hat, wie bereits erwähnt wurde, zum 1. Januar 2003 bedeutende Änderungen im spanischen Einkommenssteuerrecht, Körperschaftsrecht und im Steuerrecht für steuerlich nicht ansässige Personen eingeführt.

Eine der wichitigsten dieser Änderungen betrifft die Abschaffung der "steuerlichen Transparenz", eine originell spanische Variante der Durchgriffsbesteuerung, die im Prinzip jede Form von Gesellschaft betreffen konnte, weil unter gewissen Umständen und Bedingungen der spanische Gesetzgeber die abschirmende Wirkung einer Gesellschafte mit ihrem festen Steuersatz von 35% nicht gewähren wollte. Hiervon betroffen waren Gesellschaften zur reinen Vermögenshaltung und Gesellschaften von Freiberuflern und Sportlern oder Künstlern.

Die ehemalige "steuerliche Transparenz" wird jedoch ersetzt durch die neue Sonderregelung der sogenannten "Vermögensgesellschaften", welche Anwendung findet auf die früher der steuerlichen Transparenz unterliegenden Sociedades de Valores (Gesellschaften, die sich auf das passive Halten von Gesellschaftsanteilen beschränken) und auf die Sociedades de mera tenencia de bienes (Gesellschaften, die sich auf das Halten von sonstigen, passiven Vermögenselementen beschränken). Die beiden anderen Arten von Gesellschaften, auf die die früheren Regelungen der steuerlichen Transparenz Anwendung fanden – die Gesellschaften von Freiberuflern – z.B. Ärzten oder Anwälten – und die Gesellschaften von Künstlern oder Sportlern werden von nun an gemäß den allgemeinen Bestimmungen des spanischen Körperschaftssteuerrechtes besteuert, also ohne "Durchgriff".

Bis zum 31. Dezember 2002 wurden die Gewinne der transparenten Gesellschaften direkt ihren Gesellschaftern anteilig im Verhältnis ihres Anteiles zugerechnet. Die Durchgriffsbesteuerung des Gesellschafters, der eine natürlich Person war, erfolgte damit in dessen persönlicher Steuererklärung und unter Anwendung des progressiven Steuersatzes der Einkommenssteuer (Spitzensatz 48%, ab 1. Januar 2003 reduziert auf 45%).

Spätere Ausschüttungen einer transparenten Gesellschaft an Gesellschafter, die schon per Durchgriff besteuert worden waren, galten konsequenterweise als steuerfreie Entnahmen. Ferner bewirkte das System, dass Gewinnverschiebungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter – etwa durch Rechnungen des Gesellschafters an die Gesellschaft ohne Beachtung des arm’s length-Prinzips – steuerlich praktisch irrelevant waren, da die volle Steuer ohnehin den Gesellschafter betraf.

Ab dem 1. Januar 2003 gibt es nun keine besondere Steuerregelung für diese Art von Gesellschaften, sondern diese werden gemäß der allgemeinen Normen der Besteuerung einer Körperschaft behandelt und es erfolgt keine direkte Zurechnung mehr an die Gesellschafter. Für das Problem des arm’s length-Prinzips gibt es eine neue Lösung, die weiter unten noch erörtert wird.

b) Begriff der sogenannten "Vermögensgesellschaft"

Die sog. Vermögensgesellschaft hat die gleiche Definition wie im früheren Recht die sog. Gesellschaften mit reinem Güterbesitz (Sociedad de mera tenencia de bienes) oder die Gesellschaften zur passiven Haltung von Anteilen (Sociedad de valores). Demnach handelt es sich um derartige Gesellschaften, wenn die Aktiva der Gesellschaft zu mehr als der Hälfte aus Wertpapieren bestehen, wobei solche Wertpapiere nicht zugerechnet werden, die mindestens 5% der Stimmrechte vermitteln und mit der Absicht unternehmerischer Leistung gehalten werden, wobei dafür dann auch die entsprechende Organisationsstruktur gegeben sein muss. Weitere Voraussetzung ist, dass mehr als die Hälfte des Gesellschaftskapitals direkt oder indirekt von maximal 10 Gesellschaftern oder von einer Familie besessen wird.

Gesellschaften mit reinem Güterbesitz sind demzufolge solche, deren Aktiva zu mehr als der Hälfte aus einer nicht wirtschaftlichen Aktivität herrühren – wie z.B. Immobilien – und bei denen ebenfalls mehr als 50% des Gesellschaftskapitals direkt oder indirekt maximal 10 Gesellschaftern oder einer Familie gehören. Es finden jedoch die besonderen Bestimmungen der Vermögensgesellschaften keine Anwendung, wenn eine juristische Person öffentlichen Rechtes mehr als 50% des Kapitals hält, oder wenn sämtliche Gesellschafter andere Rechtspersonen sind, die ihrerseits nicht Vermögensgesellschaften sind.

c) Besonderheiten bei der Besteuerung von Vermögensgesellschaften

Grundsätzlich richten sich die Regelungen nach dem allgemeinen Einkommenssteuerrecht. Die Steuerbemessungsgrundlage wird demnach in einen allgemeinen Teil (prinzipiell auf alle Einkünfte anwendbar) und in einen besonderen Teil (Ausnahme für langfristige Veräußerungsgewinne) getrennt. Der allgemeine Teil der Steuerbemessungsgrundlage wird mit 40% und der besondere Teil mit 15% besteuert. Steuerabzüge für gemeinnützige Zwecke bzw. Investitionen in Güter von allgemeinem kulturellen Interesse sowie die Abzüge zur Vermeidung doppelter Besteuerung sind möglich.

Man kann wohl kaum generell bestimmen, ob die neue Vermögensgesellschaft vorteilhafter ist als eine "normale" Gesellschaft oder nicht. Das hängt vom Einzelfall ab. Hat der Gesellschafter z.B. einen persönlichen Steuersatz, der unter 40% liegt, so ist die neue Gesellschaft grundsätzlich nicht vorteilhaft für ihn.

Ist unter den Gesellschaftern der Vermögensgesellschaft eine juristische Person, so könnte es grundsätzlich für langfristige Veräußerungsgewinne vorteilhaft erscheinen, da ein Steuersatz von 15% auf den Gewinn Anwendung findet, der aus Veräußerungen Von Gütern herrührt, die länger als ein Jahr gehalten wurden, ohne dass es erforderlich ist, eine Wiederinvestition zu tätigen. Wenn man den Fall jedoch global in Verbindung mit einer Ausschüttung an den Gesellschafter betrachtet, ist die effektive Besteuerung immer noch geringer, wenn die Vermögensgesellschaft eine Wiederinvestition tätigt. Wenn jedoch keine Möglichkeit einer Wiederinvestition durch die Vermögensgesellschaft besteht, wirkt die neue Regelung derartiger Gesellschaften vorteilhaft.

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