Mehrsprachigkeit – spielend Sprache lernen

Über die Hälfte der Weltbevölkerung wächst mit mindestens zwei Sprachen auf. Weltweit existieren, je nach Definition, zwischen 3.000 und 5.000 Sprachen, die in 150 Ländern gesprochen werden. Im Zuge der Globalisierung und der Erweiterung der Europäischen Union kommt dem Erlernen von Fremdsprachen eine immer bedeutendere Rolle zu. Da ist es natürlich von Vorteil mehrsprachig aufzuwachsen.

Multikulti in der Schule
Ob Niederländisch, Englisch, Spanisch oder Valencianisch – Jazmin beherrscht die Sprachen fließend. Das besondere daran: Jazmin zählt erst ganze vier Jahre. Mit dem Vater parliert sie Niederländisch, mit der Mutter Englisch. In der Freizeit findet die Verständigung mit den Kindern aus der Nachbarschaft auf Spanisch und morgens im Unterricht auf Valencianisch statt.
Für Kinder hiesiger Residenten ist Vielsprachigkeit längst zur Normalität geworden. Zur Muttersprache kommen im Land Valencia Castellano als Landessprache und Valenciano als Unterrichtssprache hinzu. So sehen sich die Kinder von Haus aus mit drei Sprachen konfrontiert. Stammen die Eltern zudem aus verschiedenen Ländern wachsen die Kinder mit vier Sprachen auf. Gerade in multikulturellen Schulen ist der Umgang mit mehreren Sprachen an der Tagesordnung. In einigen Schulen spricht die Mehrzahl der Schüler Englisch. Das erschwert zwar die Integration, fördert auf der anderen Seite aber die Englischkenntnisse der anderssprachigen Mitschüler.

Positive Nebenwirkungen
Das frühzeitige Erlernen von Fremdsprachen hat positive Auswirkungen auf die spätere Entwicklung. So wird die Sprachzone im Gehirn intensiv beansprucht, was hilfreich für das spätere Erlernen anderer Sprachen ist. Des weiteren wachsen die Kinder durch die tägliche Mehrsprachigkeit in verschiedenen Kulturen auf und lernen Dinge aus unterschiedlichen Standpunkten zu betrachten. Außerdem sind multilinguale Kinder sprachbewusster, entwickeln bessere analytische Fähigkeiten und verfügen über eine höhere soziale Kompetenz. Zudem sind sie in der Lage eine höhere Gedächtnisleistung zu erbringen. Darüber hinaus bescheinigen Psychologen schon zweisprachigen Personen ein größeres Maß an Flexibilität und geistiger Offenheit.

Kinder lernen leichter
Die Befürchtungen von Eltern, ihr Kind mit dem Erlernen von Fremdsprachen in jungen Jahren zu überfordern, lassen sich nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil: "Eine Vielzahl von Sprachen schadet den Kindern in keiner Weise, solange sie sie ungezwungen in ihrem natürlichen Umfeld lernen", erklärt die Kinderpsychologin Remedios Berenguer. Allgemein gilt für das Aneignen von Fremdsprachen: je jünger, desto besser, und je mehr Anregung, desto schneller der Lernerfolg.

Der Sorge, der frühen Einschulung mit drei Jahren in Spanien, tritt die Kinderpsychologin entgegen. Die Kleinkinder sind noch auf Körpersprache fixiert und können anfangs auch gut ohne Worte miteinander kommunizieren. Die Kinder erschließen sich die Sprache unbewusst, indem sie zunächst nur einzelne Wörter herausfiltern und mit ihnen bekannten Gegenständen verbinden. Erst nach und nach kommen Grammatik, Wort- und Satzbildung hinzu. Deshalb betont Frau Berenguer die Bedeutung mehrsprachiger Erziehung im Kindesalter : " Am meisten lernen die Kinder, indem sie mit anderen spielen und toben."

Anregungen für mehrsprachige Familien
Eine der Grundregeln bei der mehrsprachigen Erziehung ist es, die Sprachen nicht zu mischen. Die Kinder, wie die Eltern, sollten einen Satz immer in derselben Sprache beenden, in der sie ihn auch begonnen haben. Förderlich ist es, dass das Kind die Sprachen mit bestimmten Situationen verbindet: in der Schule wird Spanisch gesprochen, im Elternhaus Englisch. Weiter ist es sinnvoll, Situationen zu schaffen, in denen die Kinder von sich aus an einer anderen Sprache interessiert sind. Dies betrifft z.B. das Vorlesen vor dem Schlafengehen oder Spielnachmittage mit anderssprachigen Freunden.

Am besten lernt ein Kind aber eine Sprache unbewusst und spontan, indem es mit anderssprachigen Kindern in einer angenehmen Umgebung positive Erfahrungen macht, die gar nichts mit dem Spracherwerb zu tun haben.

Jochen Kaiser

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